Ein Weg zu einem respektvollen Miteinander
Die Leitgedanken, die Sie hier lesen, führen zu einem achtsamen und respektvollen Miteinander, das die Sicherheit und die eigenen Impulse stärkt. Diese Leitgedanken sind eine tragfähige Basis für Beziehungen in Familien und unter Erwachsenen.
Sie schauen “so einfach aus”, und doch haben sie eine große Wirkung. Aber es braucht Zeit, um in sie hineinzuwachsen - sie im eigenen Leben umzusetzen ist ein Prozess für das ganze Leben. Sie sind für jedes Paar, jede Familie, jede Beziehung hilfreich und verändern allmählich die Atmosphäre im Miteinander.
Ich arbeite auf der Grundlage dieser „Leitgedanken“, die auf den „Principles“ von Ray Castellino basieren und von Regina Bücher und Klaus Käppeli bearbeitet wurden.
Leitgedanke Willkommen-Sein
Jede und jeder ist willkommen, so wie er und wie sie ist, denkt und fühlt. Für jede und jeden ist es wichtig, gesehen und gehört zu werden.
Mein Gegenüber und mich selbst immer wieder ganz willkommen zu heißen – mit der Geschichte, mit den eigenen Grenzen und Erfahrungen - ist eine große Aufgabe.
Leitgedanke der Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterstützung
Zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu unterstützen sind in jeder Beziehung wichtig. Grundlage ist das Willkommen-Sein. Jede Person wird in ihren Bedürfnissen, ihrem Sein und ihren Anliegen ernstgenommen. Gleichzeitig gehen alle mit den Bedürfnissen und Anliegen der anderen respektvoll um.
Wenn sich in einer Beziehung alle willkommen fühlen, können sie sich leichter für Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung öffnen.
Leitgedanke der Wahl
Jede Person hat eine Wahl, das zu tun, was sich für ihn oder sie stimmig anfühlt. Ein „Nein“ ist wichtig und willkommen. Ein „Nein“ ist für mich und nicht gegen den anderen. Damit können die eigenen Grenzen und die der anderen respektiert werden.
Ein „Nein“ behutsam stehen zu lassen, es vielleicht zu benennen, trägt allmählich zu mehr Sicherheit bei.
Leitgedanke des kurzen häufigen Augenkontaktes
Alle zwei-drei Minuten einen kurzen unterstützenden Blickkontakt aufzunehmen ist hilfreich und stärkend.
Für Kinder ist es entlastend, wenn die Eltern häufigen kurzen Augenkontakt untereinander haben. Erwachsene merken durch einen kurzen Augenkontakt, wo der andere gerade unterwegs ist, und spüren mehr Verbindung.
Leitgedanke von Kontakt und Aufmerksamkeit
Wenn ich den Impuls habe, jemanden zu berühren oder jemand etwas zu sagen, nehme ich Blickkontakt auf und frage, ob es in Ordnung ist. Bei Zustimmung gehe ich langsam in Berührung. Wenn ich die Berührung wieder auflösen oder etwas ändern möchte, nehme ich erneut Blickkontakt auf. Ich kündige es an und überprüfe, ob meine Absicht bei der anderen Person angekommen ist. Dann gehe ich langsam aus der Berührung. Als letztes gehe ich mit der Aufmerksamkeit weg.
Solch langsames vorsichtiges Vorgehen baut Sicherheit auf und hilft sich sicher zu fühlen, dass nichts Unerwartetes geschieht. Das hat eine besonders heilende Wirkung, wenn jemand überwältigende traumatische Erfahrungen gemacht hat.
Leitgedanke der Selbstregulation, Pausen machen
Gut für sich selbst zu sorgen, ist eine große Unterstützung für alles, was geschieht. Wenn jemand merkt – das kann der Erwachsene oder das Kind sein! – dass er oder sie durch innere Erregung, heftige Gefühle, Müdigkeit oder innere Abwesenheit stark beansprucht wird, ist es unterstützend, wenn er oder sie um eine „Pause“ oder ein „Innehalten“ bittet.
In Familien und Paarbeziehungen ist es wichtig, ab und zu innezuhalten und sich eine Pause zu nehmen und gut für sich zu sorgen. Das Anliegen beim Leitgedanken “Innehalten” ist nicht, dass mein Gegenüber innehält oder mit etwas aufhört, sondern es geht um eine Pause für mich selbst.
Leitgedanke der Selbstfürsorge
Jeder tut das, was er braucht, um gut für sich selbst zu sorgen: bei Durst trinken, bei Hunger essen, bei Bedarf sofort auf die Toilette gehen, bequem sitzen, wenn es nötig ist, innehalten und so weiter.
Wir alle sind in Gefahr unsere eigenen Bedürfnisse zu übergehen. Wenn ich jedoch gut für mich selbst sorge, ist das auch für mein Gegenüber Unterstützung und Entlastung.
Leitgedanke der Integration
Das Erlebte braucht Zeit und verschiedene unterstützende Schritte, damit es sich stabil in das Leben integrieren kann.
Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, Schreiben, Austausch, Zeit nehmen ...
Leitgedanke der Vertraulichkeit
Der Leitgedanke der Vertraulichkeit bedeutet, dass alles, was in einer Sitzung geschieht, bei den anwesenden Menschen bleibt und wir nach dem Einverständnis fragen, wenn wir über etwas mit jemand anderem sprechen möchten. Dies gilt auch für Eltern gegenüber den Kindern: Die Eltern sollten erst dann etwas von dem Kind erzählen, wenn sie es gefragt haben und wenn das Kind einverstanden ist.
Dass die beiden Eltern abends zu zweit über die Kinder sprechen, ist hier nicht gemeint. Ebenso können Sie in einem Rahmen mit Schweigepflicht wie beispielsweise in einem Beratungsgespräch oder in Therapie über ihre Gefühle gegenüber dem Kind oder einer anderen Person sprechen. Im Alltag jedoch ist es für jede Familie und jede Beziehung eine herausfordernde Aufgabe, diesen Leitgedanken umzusetzen, nämlich nicht in Anwesenheit des anderen „über“ jemand zu reden.
Mehr über die Arbeit mit den Leitgedanken nach Ray Castellino.
© 2020 Márta Guóth-Gumberger. Alle Rechte vorbehalten